"Freundlichkeit ist wie Schnee. Sie verschönert, was sie berührt."
-Khalil Gibran-
Diese Liebe zu Luleå trifft mich völlig unerwartet. Ich habe nicht im Geringsten damit gerechnet, dass ich an einer Stadt, deren Durchschnittstemperaturen um den Gefrierpunkt liegen, Gefallen finden könnte. Diese Stadt ist etwas ganz besonderes für uns. Immer wieder habe ich mich gefragt, warum sie diese Faszination für uns hat. Vielleicht weil das Leben dort so ganz anders ist als unseres?
Luleå befindet sich in der transsibirischen Klimazone, die auch kaltgemässigte Klimazone genannt wird. Diese bietet extrem kalte Winter und hat nur eine kurze Vegetationsperiode von drei bis fünf Monaten. Die Sommer können recht warm werden, die Winter bis minus vierzig Grad sehr kalt. Die Tageshöchstwerte liegen im Durchschnitt bei fünf Grad in der Nacht bei minus zwei Grad Celius. Wenn man auf diversen Tourismuswebseiten nachschaut, welches wohl die beste Reisezeit für Reisen nach Luleå ist, dann wird einem ganz klar vom Monat Februar abgeraten. Ich kann diese Empfehlung durchaus verstehen, wenn ich mein Reiseverhalten der letzten Jahrzehnte rückblickend betrachte. Wenn mir jemand vor zwei Jahren gesagt hätte, dass ich mal im Winter in die transsibirische Klimazone verreise und mich pudelwohl fühle, dann hätte ich lachend abgewunken und gesagt: niemals! So nun sind wir hier, im Februar. Ich, die Sonnenanbeterin, die immer nach Thailand oder Australien auswandern wollte. Lieber wollte ich mich von Mücken zerstechen lassen, als in der Kälte in Vollmontur spazieren gehen. In Thailand habe ich schon mehrere Insellhoppings veranstaltet, welche zum Teil durchaus sehr abenteuerlich waren, vor allem in der Regenzeit.
Inselhopping mit dem Auto in Luleå ist dann mal was ganz anderes. Die Vorteile sind, man muss "das Boot" mit niemandem teilen und seekrank werden kann man auch nicht. Dass es aber so ein Erlebnis werden würde, hätten wir nicht für möglich gehalten. Die Ostsee, die in dieser Gegend mit viel Süsswasser gespeist wird, ist um diese Jahreszeit dick zugefroren. In der Regel öffnen die Eisstrassen zwischen Luleå und den Inseln Sandön und Junkön Ende Januar. Als wir am sechsten Februar ankommen, sind sie noch immer geschlossen. Wir sind unglaublich enttäuscht. Jeden Tag überprüfen wir auf der Webseite lulea.se den Stand. Werden sie überhaupt noch öffnen? War das Wetter zu unbeständig, so dass das Eis nicht auf die erforderliche Weise zufrieren konnte oder ist der Schnee verantwortlich? Wir wissen es nicht genau. Es wäre eine herbe Enttäuschung geworden, aber wir haben richtig Glück: in der darauf folgenden Woche öffnen die Strassen und es wird uns ein traumhafter sonniger Tag beschert. Unser Ziel sind die Inseln Sandön und Junkön.
Luleå
Und dann geht es rauf auf die Eisstrasse, die uns an der Skyline von Luleå vorbeiführt in Richtung Sandön. Es fühlt sich irgendwie komisch an, nicht weil etwas passieren könnte. Die Strassen lassen Fahrzeuge bis sechs Tonnen zu gemäss Webseite. Wir kennen es einfach nicht. Ich war das letzte Mal als Jugendliche auf dem Moritzburger Teich zum Schlittschuhlaufen. Mit dem Auto fährt in Mitteleuropa niemand auf dem Eis herum. Auf Sandön fahren wir auf engen Strassen durch eine verschneite Landschaft, die einem fast surreal vorkommt. Das Herz hüpft uns vor Freude, eine Märchenlandschaft. Staunen, raus aus dem Auto, Fotos machen, immer wieder. Man kann es eigentlich nicht auf Fotos festhalten und doch möchten wir versuchen, es zu teilen. Die Strasse nach Junkön ist 8.5 km lang. Weisse Wüste. Es ist ein Gefühl von unglaublicher Freiheit. Ein zwei Autos begegnen uns. Wenn man dann noch den richtigen Sound im Auto hat, dann möchte man tanzen und singen auf der Strasse, was wir dann auch tun. Ein perfekter Tag. Überzeugt Euch selber.
Comments